Neonatale Erythrolyse
 
Die neonatale Erythrolyse ist ein häufiger Grund für die Sterblichkeit von ein bis fünf Tage alten Welpen. Einige Autoren beschreiben diese Erkrankung sogar als Todesursache Nummer eins bei bestimmten Katzenrassen, z.B. British Kurzhaar und Rex. Sie führt zu einer Zerstörung der roten Blutkörperchen bei Neugeborenen durch mütterliche Antikörper, die durch das Kolostrum übertragen wurden. Da Antikörper die Plazenta der Katze kaum oder gar nicht passieren können, werden die Welpen zunächst vollkommen gesund geboren.
 
Die Blutgruppen der Katze
 
Bei der Katze existieren drei verschiedene Blutgruppen: die Gruppe A, AB, und B.
Eine Besonderheit von Katzen und die Erklärung, warum bei diesen die neonatale Erythrolyse so häufig vorkommt, ist die Tatsache, dass Katzen mit der Blutgruppe B Antikörper gegen die Blutgruppe A produzieren. Diese Antikörper bezeichnet man auch als "natürlich", da ihre Bildung selbstständig, d.h. ohne z.B. eine Transfusion oder eine andere vorherige Sensibilisierung, erfolgt.
Im Alter zwischen der sechsten und der zehnten Lebenswoche des Welpen werden diese Antikörper zum ersten Mal gebildet, und ihr Gehalt erreicht sein Maximum im Alter von vier Monaten.
Man schätzt, dass mehr als 95% der Katzen mit der
Blutgruppe B Antikörper gegen die Blutgruppe A aufweisen. Treffen diese Antikörper auf rote Blutkörperchen der Gruppe A, so können sie deren Zerstörung bewirken.
Wogegen nur etwa ein drittel der Katzen mit der Blutgruppe A Antikörper gegen die roten Blutkörperchen von Gruppe B aufweisen. Letztere sind jedoch wenig aktiv und im Hinblick auf die Zerstörung der roten Blutkörperchen von Gruppe B eher schwach.
Im Gegensatz dazu besitzen die Katzen mit Blutgruppe AB keine Antikörper gegen die anderen Blutgruppen A oder B.

Warum kommt es zur Erythrolyse?

 Bei der Aufnahme von Kolostrum durch eine Kätzin mit der Blutgruppe B wird auch ein Teil der vorhandenen Antikörper gegen die Blutgruppe A übertragen. Diese Antikörper befinden sich dann während der ersten 16 Stunden des Lebens im Blut der Welpen. Trägt ein Katzenwelpe die Blutgruppe A (dies ist möglich, wenn eine Kätzin mit einem Kater der Blutgruppe A gepaart wurde), so kommt es dazu, dass diese Antikörper die roten Blutkörperchen des Welpen angreifen und zerstören. Antikörper gegen die Blutgruppe B von einer Kätzin mit der Blutgruppe A sind hingegen nicht aktiv genug, um bei einem Katzenwelpen mit der Gruppe B Schaden anrichten zu können.

Bei den Katzenrassen: British Kurzhaar, Cornish und Devon Rex sowie der Türkisch Van-Katze, liegt die Häufigkeit der Blutgruppe B ziemlich hoch, nämlich zwischen 40 bis 60%.

Vererbung der Blutgruppe.

Bei der Vererbung der Blutgruppen muß man beachten, dass die Blutgruppe A dominant ist gegen die Blutgruppe AB und diese wieder dominant gegen die Blutgruppe B. Der Erbgang ist mit dem Erbgang der Farben schwarz, chocolate und cinnamon vergleichbar. Es sind also verschiedene Kombinationen der Blutgruppengene möglich. Eine Katze mit Blutgruppe B ist reinerbig oder homozygot. Eine Katze mit Blutgruppe AB kann Träger der Blutgruppe B sein. Eine Katze mit Blutgruppe A kann Träger der Blutgruppe AB oder B sein. Wichtig in dem Zusammenhang ist nun, dass eine Verpaarung einer B-Katze mit einem A-Kater, der reinerbig für Blutgruppe A ist, nur Kitten mit der Blutgruppe A ergibt. Ist der Kater mischerbig A mit B, er hat also Blutgruppe A, trägt aber Blutgruppe B, so können 50% der Kitten B-Katzen werden und 50% A-Katzen, die B-Träger sind. In jedem Fall sind aber die Kitten mit  Blutgruppe A vom "Fading Kitten Syndrom" bedroht.
Die Symptome: Bei der Geburt sind die Welpen nunächst vital, normal groß und haben normales Gewicht.
In den nachfolgenden Stunden sind dann drei Verlaufsformen möglich:
Perakut: Der Tod tritt ohne vorherige Symptome ein, ein Teil der Tiere saugt in den letzten Stunden nicht mehr. Bei diesem Stadium können bei der Obduktion keine Anomalien festgestellt werden.
Akut: Der Tod tritt nach einigen Tagen auf, die Welpen saugen nicht mehr, und man stellt eine Hämoglobinurie fest, d.h. es befindet sich Hämoglobin der zerstörten roten Blutkörperchen im Urin. Häufig beobachtet man einen Ikterus d.h. eine Gelbfärbung der Schleimhäute von Auge und Mund.
Subakut: Schwäche, vorübergehende Inappetenz (Appetitlosigkeit), Gewichtsverlust können die einzigen Anzeichen sein, und führen meist im Verlauf der ersten Lebenswoche zum Tod der Welpen. Ohne Diagnostik wird dieses Syndrom oft als "Fading Kitten Syndrom" (Schwächesyndrom der Welpen) bezeichnet.
Die genannten Verlaufsformen können alle innerhalb desselben Wurfes auftreten und von einem Wurf zum anderen unterschiedlich sein. Unterschiedliche Sensibilitäten in Abhängigkeit vom Welpen sind bedingt durch die Aufnahme unterschiedlicher Mengen an Kolostrum, dem Antikörpergehalt im Blut der Mutter und die individuelle  Widerstandskraft des einzelnen Welpen.
Bei der schwachen Form der neonatalen Erythrolyse, überlebt der Welpe, doch die Antikörper mit den roten Blutkörperchen bilden Komplexe im Blut, so können diese die Durchblutung der Extremitäten behindern und eine so genannte Nekrose (Absterben von Gewebe) hervorrufen. Eine Schwanznekrose kann sich bei überlebenden Welpen innerhalb von 15 Tagen nach der Geburt entwickeln. Sie stellt allerdings kein ernsthaftes Problem dar. Die betroffene Schwanzspitze trocknet aus und fällt schließlich ab.
Die Vorbeugung: Die neonatale Erythrolyse ist eine Erkrankung, deren Auswirkungen für die Aufzucht schlimm sein können. Die Vorbeugung der Krankheit liegt in der systematischen Blutgruppenbestimmung der Zuchttiere, insbesondere bei Rassen mit großem Risiko. Hat man Kätzinnen der Blutgruppe B in der Zucht, so sollte man bemüht sein, diese nur mit Katern der Blutgruppe B zu verpaaren. Eine weitere Möglichkeit liegt in der Trennung der Welpen von der Mutter, bis die Aufnahme der Antikörper über den Darm nicht mehr gegeben ist. Demnach trennt man die Welpen für die ersten 24 bis 36 Stunden von der Kätzin, um ganz sicherzugehen. Man sollte aber bedenken, dass die Isolierung von ihren Welpen für die Zuchtkatze großen Stress bedeutet, der zu einer mangelnden Milchbildung führen kann. Sucht man sich eine Amme, so sollte diese verständlicherweise Blutgruppe A aufweisen, das gilt auch, wenn sie schon einige Zeit säugt. Ist keine Amme verfügbar, so sollte man neben der Ersatzmilch auf konserviertes Kolostrum zurückgreifen, dass auch von einer Spenderin mit Blutgruppe A stammt.
 



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